14. Dez 2018

Daf Parascha Wajigasch 5778

Paraschat Wajigasch
22./23. Dezember 2017
5. Tewet 5778

Hier können Sie sich das Daf als pdf herunterladen: Daf Vayigash 5778 SH – v.1

Bereschit 44:18 – 47:27
Haftara: Jecheskel 37:15–28

Die Parascha in Kürze

• Jehuda bittet den ägyptischen Vizekönig, den er immer noch nicht als seinen Bruder Josef erkennt, um Benjamins Freiheit und bietet sich selbst als Sklaven an
• Josef gibt sich den Brüdern zu erkennen und schickt sie mit Nahrungsmitteln nach Hause, um ihren Vater Jakow zu holen
• G-tt sagt zu Jakow, dass er nach Ägypten hinabziehen soll
• Jakow zieht mit 70 Nachkommen nach Ägypten, sieht Josef nach 22 Jahren wieder und wird vom Pharao empfangen; dies ist der Beginn der Galut Mitzrajim – des Exils in Ägypten
• Die Familie lässt sich in der Provinz Goschen nieder

Konzept der Woche
וַיֹּאמֶר יוֹסֵף אֶל־אֶחָיו אֲנִי יוֹסֵף הַעוֹד אָבִי חָי וְלֹא־יָכְלוּ אֶחָיו לַעֲנוֹת אֹתוֹ כִּי נִבְהֲלוּ מִפָּנָיו:
„Joseph sprach zu seinen Brüdern: ‚Ich bin Joseph; lebt mein Vater noch?‘ Die Brüder konnten ihm nicht antworten, denn sie waren bestürzt vor ihm.“ (45:3)
Josephs Frage an seine Brüder wirft selbst verschiedene Fragen auf. Gerade vorher hat die Tora in vielen Versen beschrieben, dass eine ausführliche Diskussion zwischen ihm und Jehuda stattgefunden hatte, der betont hatte, welch negativen Effekt es auf Jakows Gesundheit hätte, wenn Binjamin nicht sicher zu ihm zurückkehrte! Demgemäß war Jakow natürlich zu dieser Zeit am Leben. Aber schon als die Brüder gerade zum zweiten Mal nach Ägypten gekommen waren, hatte Joseph sie gefragt (Vers 43:27), ob ihr Vater noch lebe, was sie bejaht hatten. Offensichtlich hatten die Brüder Jakow in der Zwischenzeit nicht gesehen, da sie ja nicht mehr zuhause gewesen waren. Warum also fragt Joseph in obigem Vers erneut? Welche neuen Informationen sollen nun zum Vorschein kommen? Die Frage bleibt im Raum stehen und bleibt unbeantwortet. Wenn sie aber so wichtig war, dass sie erneut gestellt wurde, warum ist dann keine Antwort verzeichnet?
Beis HaLevi (Rav Joseph Dov HaLevi Soloveitchik, 1820-1892) erklärt, dass dieser Satz tatsächlich keine Frage, sondern eine Rüge war. Er zitiert den Midrasch, der sich auf Josephs Ausspruch bezieht: „‘Wehe ist uns vom Tag des Urteils! Wehe ist uns vom Tag des Tadels!‘ Wenn Joseph so seine älteren Brüder tadeln konnte, die ihm dann sprachlos gegenüberstanden, wie werden wir einst vor Haschem stehen, wenn Er uns für unsere Taten zur Verantwortung zieht und uns zurechtweist. Wieviel weniger werden wir antworten können!“ Aber, fragt der Beis HaLevi, wo ist denn eigentlich ein Tadel in Josephs Worten אֲנִי יוֹסֵף הַעוֹד אָבִי חָי – ich bin Joseph; lebt mein Vater noch? – und antwortet, dass dies wirklich ein immenser Tadel ist. Denn Joseph sagt den Brüdern mit dieser Rüge, dass sie nun vorgeben, so besorgt um Jakow wegen Binjamin zu sein, aber sich keine weiteren Gedanken um Jakows Wohlergehen gemacht hatten, als sie Joseph in die Fremde verkauft hatten und Jakow seinen Lieblingssohn totgeglaubt hatte. Wenn Jakow damals eine so schlechte Nachricht überleben konnte, wird er wohl auch nun eine schlechte Nachricht überwinden, oder? Die Herausstellung ihrer eigenen Heuchelei ließ den Brüdern keine Verteidigungsgrundlage für ihre Taten.
Daher müssen wir den Tag des Gerichts am Ende unseres Lebens mit Bange betrachten, sagt der Beis HaLevi, wenn Haschem die Beweggründe unseres Handelns ähnlich wie Joseph in Frage stellt. Wenn wir zum Beispiel beschuldigt werden, nicht genug Wohltätigkeit geübt zu haben und wir antworten, dass es so schwer war, unseren Lebensunterhalt zu verdienen und wir so viel gegeben haben, wie wir nur konnten. Aber diese Antwort reicht nicht als mildernde Umstände aus und der Beis HaLevi zitiert die Gemara im Traktat Gittin 7a, die jemandem in schwierigen finanziellen Umständen rät, sogar mehr zu spenden statt weniger. Haschem kann mit Leichtigkeit all die letztlich wenig wertvollen Dinge aufzählen, für die wir Geld ausgegeben haben und fragen: „Dafür hattest du Geld, aber nicht für ein paar weitere Spenden?“ Dann ist es an uns, sprachlos dazustehen und die ganze Verantwortung für unser Tun zu übernehmen.
Es ist Haschem, der alles bewirken kann, ohne dass wir nachhelfen müssen.

Frage der Woche: Warum sagt Joseph in Vers 45:4, als er sich seinen Brüdern zu erkennen gibt: אֲנִי יוֹסֵף אֲחִיכֶם – ich bin Joseph, euer Bruder? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Warum betonte Jehuda in seiner Beteuerung vor Jakow, dass er Binjamin zurückbringen und „ihn vor dich hinstelle“ (43:9)? Mit diesen Worten wollte Jehuda seinem Vater versichern, dass er Binjamin lebendig zurückbringen würde und dieser fähig sein würde, auf seinen eigenen Beinen zu stehen.
Biographie der Woche

Rabbi Chaim Leib Shmuelevitz

Jahrzeit 3. Tewet

Rav Chaim Leib Shmuelevitz wurde 1902 im litauischen Kovno geboren. Sein Vater Rav Refoel Alter Shmuelevitz (1878-1919) wurde später der Rosch Jeschiwa der Sha’are Tora-Jeschiwa in Grodno und seine Mutter war eine Tochter des Rabbiners Josef Josel Horowitz (1850-1919), dem „Alter von Novardok“. Bis zum Alter von 16 Jahren lernte Rav Chaim Leib Shmuelevitz mit seinem Vater. In kurzem Abstand starben 1919 seine beiden Eltern und Rav Shimon Shkop (1860-1939), der die Position seines Vaters als Rosch Jeschiwa übernommen hatte, nahm den jungen Mann unter seine Fittiche. Rav Shkop lehrte ihn seine talmudische Betrachtungsweise, die den logisch-analytischen Ansatz von Rav Chaim Soloveitchik (1853-1918) mit der klaren Darstellung des Netziv (Rav Naftali Tzvi Jehuda Berlin, 1816-1893) vereinte. Das junge Genie profitierte außerordentlich von der engen Beziehung mit Rav Shkop.
Im Alter von 22 Jahren transferierte Rav Shmuelevitz mit anderen Studenten an die Mirrer Jeschiwa und beeindruckte dort den Rosch Jeschiwa Rav Elieser Jehuda Finkel (1879-1965) so nachhaltig, dass er 1930 dessen Schwiegersohn wurde und bald zum Maggid Shiur aufstieg. Seine Schiurim zogen sehr viele Studenten an, die nicht nur sein immenses Wissen schätzten, sondern auch von der Verknüpfung unterschiedlichster Quellen fasziniert waren.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges floh die Jeschiwa von Mir nach Wilna und schließlich mithilfe japanischer Visa nach Shanghai. Dort nahm Rav Shmuelevitz von 1941 bis 1947 die Rolle des de facto-Rosch Jeschiwa ein. Obwohl er sich mit seiner Familie in die USA hätte retten können, blieb er bei der Jeschiwa und lebte ihnen den hohen moralischen Standard eines großen Toragelehrten vor. 1947 übersiedelte die gesamte Jeschiwa von Shanghai nach New York und kurze Zeit später zog es Rav Shmuelevitz zu seinem Schwiegervater nach Jerusalem. 1965 wurde er nach dem Tod seines Schwiegervaters zusammen mit seinem Schwager Rav Beinish Finkel (1911-1990) Rosch Jeschiwa von Mir in Jerusalem.
Er starb 1979 in Jerusalem.
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