Paraschat Wajigasch
14./15. Dezember 2018
7. Tewet 5779
Hier können Sie das Daf als pdf herunterladen: Daf Vayigash 5779
Bereschit 44:18 – 47:27
Haftara: Jecheskel 37:15–28
Die Parascha in Kürze
• Jehuda bittet den ägyptischen Vizekönig, den er immer noch nicht als seinen Bruder Josef erkennt, um Benjamins Freiheit und bietet sich selbst als Sklaven an
• Josef gibt sich den Brüdern zu erkennen und schickt sie mit Nahrungsmitteln nach Hause, um ihren Vater Jakow zu holen
• G-tt sagt zu Jakow, dass er nach Ägypten hinabziehen soll
• Jakow zieht mit 70 Nachkommen nach Ägypten, sieht Josef nach 22 Jahren wieder und wird vom Pharao empfangen; dies ist der Beginn der Galut Mitzrajim – des Exils in Ägypten
• Die Familie lässt sich in der Provinz Goschen nieder
Konzept der Woche
כָּל־הַנֶּפֶשׁ הַבָּאָה לְיַעֲקֹב מִצְרַיְמָה יֹצְאֵי יְרֵכוֹ מִלְּבַד נְשֵׁי בְנֵי־יַעֲקֹב כָּל־נֶפֶשׁ שִׁשִּׁים וָשֵׁשׁ: וּבְנֵי יוֹסֵף אֲשֶׁר־יֻלַּד־לוֹ בְמִצְרַיִם נֶפֶשׁ שְׁנָיִם כָּל־הַנֶּפֶשׁ לְבֵית־יַעֲקֹב הַבָּאָה מִצְרַיְמָה שִׁבְעִים:
„Alle Seelen, die mit Jakow nach Ägypten kamen, seine Nachkommen, außer den Frauen der Söhne Jakows, alle Seelen: sechsundsechzig. Und Josefs Söhne, die ihm in Ägypten geboren worden: zwei Seelen; alle dem Hause Jakows gehörige Seelen, die nach Ägypten gekommen waren: siebzig.“ (46:26-27)
In den beiden Versen spricht die Tora von zwei verschiedenen Zahlen, die den Haushalt Jakows ausmachten, als er nach Ägypten kam. Waren es nun 66 oder 70? Raschi erklärt diese Diskrepanz damit, dass 66 Familienmitglieder Eretz Jisrael verlassen hatten, aber sie zusammen 70 Personen in Ägypten waren. Mitgezählt werden nämlich dann Josef und seine beiden in Ägypten geborenen Söhne und Jochewed, Levis Tochter, die später Mosche Rabbenus Mutter werden sollte und deren Empfängnis auf der Reise nach Ägypten geschah. Auch die Gemara im Traktat Bava Basra 123b spricht davon, dass Jochewed auf der Reise gezeugt und daher nicht beim Aufbruch aus Eretz Jisrael mitgezählt wurde. Raschbam (Rav Schmuel ben Meir, Raschis Enkel, 1085-1158) erklärt, dass Jochewed erst in Ägypten geboren und so als die siebzigste Person gezählt wurde. Eine gewisse Schwierigkeit liegt allerdings darin, dass in Vers 46:15 dreiunddreißig Seelen genannt werden, die zum Teil der Familie gehören, deren Mutter Lea war. Allerdings nennt die Tora nur zweiunddreißig Namen und es wird nicht ausdrücklich vermerkt, dass Jochewed zu den in Ägypten Geborenen gehört. Raschi erklärt, dass Jocheweds Name nicht aufgelistet ist, weil sie noch nicht geboren war.
Andere Mefarschim (Tora-Kommentatoren), wie Ibn Esra (Rav Awraham Ibn Esra, 1089-1167), Raschbam und Abarbanel (Rav Jitzchak Abarbanel, 1437-1508) meinen jedoch, dass Lea wirklich nur 32 Nachkommen hatte und Jakow selbst zu ihrem Teil der Familie mitgezählt wurde. Darauf weist auch der einleitende Vers 46:8 hin, in dem es heißt: וְאֵלֶּה שְׁמוֹת בְּנֵי־יִשְׂרָאֵל הַבָּאִים מִצְרַיְמָה יַעֲקֹב וּבָנָיו – dies sind die Namen der Söhne Jisraels, die nach Ägypten kamen, Jakow und seine Söhne. Wenn man die Zahlen der Sprösslinge Jakows nun addiert, kommt man auf 67 Personen, die nach Ägypten gegangen sind (Leah: 33, Silpa: 16, Rachel: 11 von 14, da ja 3 schon in Ägypten waren, und Bilha: 7). Also bedeutet es, dass Jakow zwar zu dem Familienanteil Leas gezählt wurde, aber nicht in der Gesamtzahl von 66 auftaucht, was auch in Vers 26 anklingt: Alle Seelen, die mit Jakow nach Ägypten kamen, seine Nachkommen. In Ägypten hingegen ist die Gesamtzahl der Familienmitglieder siebzig, weil Jakow, Josef und seine Söhne Ephraim und Menasche auch dazugehören.
Obwohl wir eingehend auf die Bedeutung einzelner Personen in Jakows großer Familie eingegangen sind, ist es wichtig zu betonen, dass es sich um eine Familieneinheit handelte. Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808-1888) schreibt über Jakow hier: „Sie waren alle bei ihm und mit ihm, waren alle seine Kinder. … Sie waren eins, so eins, dass Jakow selbst mitgezählt wird.“ Jeder Einzelne zählt, aber insgesamt ist man eins.
Gerade in dieser Woche haben wir wieder erlebt, wie sehr im jüdischen Volk jeder Einzelne zählt, sogar die Allerjüngsten. Ein kleines Baby, dessen hochschwangere Mutter in einem brutalen Terroranschlag am achten Abend von Chanuka schwer verletzt wurde, musste daraufhin von den behandelnden Ärzten zur Welt gebracht werden. Ganz Am Jisrael hat für Mutter und Kind sowie für den ebenfalls schwer verletzten Vater des Babys gebetet und sich gesorgt. Zehntausende von Kapiteln Tehillim wurden für sie gesagt. Die Eltern sind inzwischen auf dem Weg der Besserung, aber der kleine Junge hat nur drei Tage überlebt. Die Sorge um einzelne Personen eint das ganze jüdische Volk – leider immer wieder unter so traurigen Umständen. Das Kind hat bei seiner Beerdigung einen Namen erhalten, der unsere Hoffnung und unsere Gewissheit widerspiegelt, weiter positiv in die Zukunft zu gehen: Ami’ad Jisrael – mein Volk auf ewig, Jisrael.
Frage der Woche: Welche Juden, die mit nach Ägypten gezogen sind, wurden in der Zählung der 70 Seelen nicht berücksichtigt? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Über welchen Zeitraum träumte Pharao seine Träume? Der Midrasch sagt, dass Pharao zwei Jahre lang diese Träume gehabt, aber sie jedes Mal wieder vergessen hatte. Erst am Ende dieser Zeitperiode wachte er mit diesen Träumen auf, denn Josef musste so lange im Gefängnis bleiben.
Biographie der Woche
Rabbi Jair Chaim Bacharach
–
Chawos Jair
Jahrzeit 1. Tewet
Rabbi Jair Chaim Bacharach wurde 1638 im mährischen Leipnik geboren. Seine Großmutter Chawa war eine Enkelin des Maharal von Prag (Rav Juda Löw. 1520-1609) und eine außergewöhnlich gelehrsame Frau, in deren Andenken Rav Jair Chaim Bacharach seine Sammlung von Responsen Chawos Jair benannte.
1666 wurde er Rabbiner in Koblenz, aber nach dem Ableben seines Vaters, der Rabbiner in Worms gewesen war, 1670 zunächst nicht zu dessen Nachfolger gewählt. Er schrieb einen umfangreichen Kommentar zum Orach Chaim-Teil des Schulchan Aruch, mit dem Titel Mekor Chaim. Zeitgleich wurden allerdings die Kommentare von Rav David HaLevi Segal (Tas, 1586-1667) und von Rav Avraham Gombiner (Magen Avraham, 1635-1682) zum Schulchan Aruch veröffentlicht und Rav Bacharach zog sein Werk zurück.
Rav Bacharach war der Autor eines Kompendiums von 46 Bänden zum Judentum, worin auch Schriften seines Vaters und Großvaters enthalten waren. Leider sind die Manuskripte verlorengegangen und nur der Katalog der Schriften ist erhalten. Zusätzlich zu seiner außerordentlichen Tora-Gelehrsamkeit besaß er tiefe Kenntnisse der Naturwissenschaften und der Musik, aber auch ein großes Interesse an Geschichte.
Infolge des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde Worms 1689 zerstört und Rav Bacharach zog nach Metz, Frankfurt und Heidelberg, was ihn frühzeitig altern ließ und seiner Gesundheit sehr abträglich war. 1699 wurde die jüdische Gemeinde in Worms wiederbegründet und nun wurde Rav Bacharach zu ihrem Rabbiner gewählt. Er starb allerdings im Jahr 1702 nach nur kurzer Amtszeit.
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